Dr. Bayer, ein Blick auf die Konjunkturzahlen ergibt, dass sich der Sektor Korrosionsschutz in den vergangenen, schwierigen Jahren gut geschlagen hat. Wie erklären Sie sich dieses auffällige Ergebnis?
„Infrastruktur ist entscheidend“
Tatsächlich sind die Unternehmen der Fachgruppe Korrosionsschutz gut durch die multiplen Krisen der vergangenen Jahre gekommen. Aktuell sind weitere Zuwächse zu erwarten. Gründe hierfür liegen in der langen Laufzeit der Maßnahmen und in der notwendigen Sanierung der deutschen Infrastruktur. Hiervon haben die Unternehmen profitiert und konnten die Coronakrise recht unbeschadet überstehen. Der Ukrainekonflikt führte zur Beschleunigung der deutschen Energiewende, wovon die Branche als Dienstleister für die Infrastruktur vom Gasterminal bis zum Strommast ihren Beitrag leistet.
Die öffentliche Hand ist wichtig für diesen Sektor, erwarten Sie weitere Investitionen in die Infrastruktur, oder hält der Sanierungsstau an?
Eine intakte Infrastruktur ist eine der wesentlichen Voraussetzungen für eine funktionierende Volkswirtschaft. In der Presse wurde bereits vielfach über den Zustand der Straßenbrücken und der Infrastruktur der Deutschen Bahn berichtet. Viele Sanierungsprojekte wurden bereits gestartet und haben eine lange Laufzeit.
Das reicht aber noch nicht aus, um den viel beschriebenen "Sanierungsstau" in Deutschland aufzulösen. Hier stellt sich durchaus die Frage nach den Kapazitäten bei Spezifizierenden, Planenden und Ausführenden. Ein mittelfristiger Abbau der Rückstände und ein normaler Rhythmus vorausschauender Bauwerkserhaltung und notwendiger Neubauten muss wieder erreicht werden. Die industriellen Investitionen hängen sehr stark von den äußeren Einflüssen und der Stimmung in der Wirtschaft ab. Die eher verhaltene Investitionsbereitschaft der letzten Jahre hat bei den Korrosionsschutzanwendungen zu einem Rückgang geführt. Insgesamt ist die Stimmung in der Fachgruppe gut und hoffnungsvoll, da neben den zu erwartenden Projekten und Baumaßnahmen auch die Rohstoffverfügbarkeit deutlich besser geworden ist.
Korrosionsschutz durch Beschichtungssysteme steht oft in Konkurrenz zu anderen Schutzsystemen. Mehrere Studien haben die Vorteile untersucht. Gibt es Ergebnisse?
Die gibt es tatsächlich. Die Fachgruppe hat eine LCA/LCC-Studie bei dem renommierten Institut Ecomatters in Auftrag gegeben und bearbeitet. In dieser Studie wurden die Technologien Feuerverzinkung, Duplex-Systeme und Beschichtungssysteme an Bauwerken mit einer Nutzungsdauer von 100 Jahren verglichen. Die wichtigste Erkenntnis: Korrosionsschutz ist ökonomisch und ökologisch immer sinnvoll! Bei den Anwendungen gab es unterschiedliche Ergebnisse – zum Beispiel ist für den untersuchten Strommast das Duplexsystem die beste Lösung, für die untersuchte Brücke das Beschichtungssystem mit einer sehr langen Schutzdauer. Beschichtungssysteme sind immer dann von Vorteil, wenn vor Ort flexibel ausgebessert werden muss. Langlebigkeit und Qualität der Produkte und diese Flexibilität sind Stärken unserer Branche.
(AS)